Category Archives: Politik

Bundestagswahl? Klimawahl!

Seit 2018 gehen weltweit Schüler*innen für eine konsequentere Klimapolitik auf die Straße. Noch viel länger machen sich große Umweltverbände für das gleiche Ziel stark. Und doch ist in den letzten Jahren viel zu wenig passiert, wenn es darum geht, unsere Lebensgrundlagen zu schützen und dem Klimawandel entgegen zu wirken. Natürlich kann jede*r Einzelne etwas ändern. Aber die große Pflicht, unser Land nachhaltig zu verändern, trägt die Politik – insbesondere unsere Bundesregierung. Denn sie hat die Macht, Gesetze zu verabschieden, die Wirtschaft in die Pflicht zu nehmen und Fördermittel zu verteilen. Wenn unsere Regierung nicht das tut, was wir uns von ihr wünschen, bleiben uns nur Petitionen und Demonstrationen. Doch in diesem Jahr haben wir als Bevölkerung wieder die Chance, ein klares Zeichen für den Klimaschutz und unsere Anliegen zu setzen!

Noch knapp zehn Wochen, dann steht die nächste Bundestagswahl an. Natürlich ist eine Bundestagswahl immer etwas Besonderes, doch gerade diese ist 2021 für uns als Gesellschaft von noch größerer Bedeutung. Denn wir wählen vermutlich die letzte Regierung, die dafür sorgen kann, dass Deutschland seinen Beitrag zum Erreichen der Ziele des Pariser Klimaabkommens einhält.

Zwischen dem Abschluss des Pariser Abkommens und diesem Jahr lag natürlich bereits eine Bundestagswahl, im Jahr 2017. Auch damals hätten wir die Chance gehabt, den Klimaschutz zu DEM politischen Thema in Deutschland zu machen. Das ist nicht passiert. Immerhin hat uns aber die nun zu Ende gehende Legislaturperiode gezeigt, welche Fehler wir beim nächsten Mal lieber nicht wiederholen sollten.

Auch in den Wahlkampfprogrammen für die letzte Bundestagswahl wurde der Klimaschutz thematisiert. Allerdings nur am Rande und mit unkonkreten Zielen und Maßnahmen. Sich zu den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens zu bekennen, reicht eben nicht wirklich aus, um sie auch tatsächlich umzusetzen. Immerhin hat es die aktuelle Koalition aus CDU/CSU und SPD noch kurz vor Ende ihrer Amtszeit geschafft, ein Klimaschutzgesetz auf den Weg zu bringen. Ein netter Versuch, der dann aber in der ersten Runde sogar vor dem Bundesverfassungsgericht scheiterte. Innerhalb der Koalition wird trotzdem von einem „Meilenstein“, einem „großen Wurf“ geschwärmt und sich selbst ordentlich auf die Schultern geklopft. Deutschland soll jetzt ganze fünf Jahre früher – also 2045 statt 2050 – klimaneutral werden. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier findet: „Wir haben den Klimaturbo eingelegt.“ Wenn eine leichte Verschärfung der ursprünglichen Pläne ohne konkrete Maßnahmen zum Erreichen der Ziele schon ein Turbo ist, erklärt das ziemlich gut, warum in den letzten Jahren auf bundespolitischer Ebene nicht viel in Sachen Klimaschutz passiert ist. Weitergehend findet Altmaier, die Regierung habe der jungen Generation mit dem neuen Klimaschutzgesetz die Hand ausgestreckt. Ich kann natürlich nur von meinem persönlichen Eindruck und nicht für meine gesamte Generation sprechen, aber für mich fühlt diese ausgestreckte Hand eher nach einem Faustschlag an. Ob in die Magengrube oder ins Gesicht, ich kann mich nicht entscheiden.

Die Koalition, die unser Land nun ab diesem Herbst regieren wird, ist vermutlich die letzte, die noch dafür sorgen kann, dass Deutschland konkrete und vor allem ausreichende Maßnahmen für die Einhaltung des 1,5°C-Zieles umsetzt. Rein rechnerisch befinden wir uns aktuell bei einer Erderwärmung von 1,2°C im Vergleich zur vorindustriellen Zeit. Bleiben noch 0,3°C. 

Das Jahr 2021 ist gerade einmal zur Hälfte vorbei und hat uns trotzdem bereits eindrucksvoll die Welt gezeigt, in der wir leben werden, wenn wir jetzt nicht handeln. Mit knapp 20°C gab es im Februar den wärmsten Wintertag, der jemals in Deutschland gemessen wurde. Die Westküste Kanadas und der USA wurden von einer Hitzewelle überrollt, die mehrere hundert Menschen das Leben kostete. Kontrastprogramm hingegen bei uns in Deutschland: In Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sterben Menschen in den Fluten eines Extremhochwassers, unzählige verlieren ihre Wohnungen. In Sibirien stehen Wälder in Flammen. Wir erleben hautnah mit, wie der Klimawandel auf einmal nicht mehr irgendwo weit weg in der Antarktis oder in den USA Opfer fordert, sondern auch bei uns vor der Haustür den Alltag anhält.

Allerdings scheinen die aktuellen Ereignisse nicht allen den Ernst der Lage vor Augen zu führen. Armin Laschet, aktuell Ministerpräsident in NRW und Kanzlerkandidat der Union, sagte angesichts der Hochwasserkatastrophe in seinem Bundesland, nur weil jetzt ein solcher Tag sei, ändere man nicht gleich die Politik. Fraglich, was für Herrn Laschet noch passieren muss, bevor er seine Politik zukunftsfähiger macht. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Politik ab September nicht von dieser Haltung geprägt sein wird. 

Denn eine solche Haltung kann Deutschland und kann die Welt gerade nicht brauchen. Was wir brauchen, ist eine Regierung, die die Bedrohung durch den Klimawandel ernst nimmt und konkrete Maßnahmen einleitet, anstatt sich nur über gesetzte Ziele zu freuen. Laut Weltklimarat sind die wichtigsten Maßnahmen zur Einhaltung des 1,5°C-Ziels die Förderung der erneuerbaren Energien und der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen, die Bindung von bereits ausgestoßenem CO2, die Renaturierung von Mooren und Wäldern und die Reduzierung des Methanausstoßes in der Nutztierhaltung. Wir können all diese Schritte nicht alleine als Gesellschaft ohne einen konkreten Rahmen der Politik umsetzen. Aber was wir können ist, unsere Stimmen den Parteien zu geben, die sich am stärksten für den Klima- und Umweltschutz einsetzen und hoffen, dass dieser Einsatz auch über den Wahlkampf hinaus mit in die nächste Regierungskoalition getragen wird.  

Ein Großteil der Menschen, die in Zukunft von den Folgen des Klimawandels stark betroffen sein werden, hat allerdings nicht die Möglichkeit, für den Klimaschutz an die Wahlurne zu gehen. Laut Gesetz sind sie zu jung, um über ihre eigene Zukunft zu entscheiden. Die Entscheidung über ihre zukünftigen Lebensgrundlagen wird also von den Älteren getroffen. Viele Menschen, die nun im September ihre Stimme abgeben haben aber auch eine Verbindung zur jüngeren Generation, sei es durch eigene Kinder oder sogar Enkel. Wenn ihr also eure Stimme abgebt denkt bitte BITTE nicht nur an euch und eure Zukunft. Denkt auch an die jungen Menschen, die euch am Herzen liegen und überlegt, welche Parteien es möglich machen, dass eure Kinder und Enkel später nicht vor noch häufigeren Extremwettern fliehen, um Nahrungsmittel kämpfen müssen und viel zu früh sterben, weil die Luft von Abgasen verseucht ist. Danke.

 

Informationen zur Wahl:

Klima-Pledge verschiedener deutscher Umweltorganisationen

Wahlprogramme der einzelnen Parteien

Wahlpostkarten der BUNDjugend

Petition des Deutschen Bundesjugendrings zur Senkung des Wahlalters

Klimastreik am 24.09. - lokale Demo finden

 

Von einem, der den Plan falsch interpretierte

Wind ist bei uns im Norden nichts Ungewöhnliches. Genauso wenig ungewöhnlich ist, dass der Wind ab und an ein paar Bäume umknickt oder entwurzelt. Das ist völlig normal und gehört zum natürlichen Zyklus. Seltsam wird es dann, wenn Bagger ungefragt die Aufgabe des Windes übernehmen, so geschehen im Prüner Schlag in Kiel.

Das ehemalige Kleingartengebiet ist inzwischen vermutlich nicht nur Kieler*innen, sondern einem Großteil der Menschen in Schleswig-Holstein ein Begriff. Aber leider nicht, weil es an diesem Ort eine grüne Oase gab, in der Mensch und Natur zur Ruhe kommen können, in der für den Eigenbedarf Obst und Gemüse angebaut wird und die ganz nebenbei einen wichtigen Beitrag zum Klima der Stadt beiträgt. Seit Jahren ist dort eher das Gegenteil der Fall. Die Krieger-Gruppe, der sowohl Möbel Kraft,  als auch Möbel Höffner und der Einrichtungs-Discounter Sconto angehören, plant auf dem Gelände den Neubau eines Möbelhauses. Ein absolut absurdes Vorhaben, wenn man sich die Lage der Fläche, deren Nähe zu anderen Möbelhäusern in Kiel und vor allem den eigentlichen Wert der Grünflächen für die Kieler*innen anschaut. Bevor wir zu dem eigentlichen Anlass dieses Artikels kommen, ein kurzer Blick in die Vergangenheit:

Im März 2012 wird ein Kaufvertrag zwischen der Stadt Kiel und der Krieger Gruppe unterzeichnet, damit regt sich auch erheblicher Wiederstand in der Kieler Bevölkerung. Im August 2013 startet dann ein Bürger*innenbegehren, um die Bebauung der Fläche zu verhindern. Auf welcher Seite die Stadt Kiel steht, ist allerspätestens mit der Veröffentlichung der Kampagne zur Abstimmung klar. Auf den Plakaten heißt es „246.000 m2  Grünflächen für Kiel und 68 geschützte Arten. Grüner Daumen hoch!“. Weiter wird dann gebeten: „Das finden Sie gut? Dann stimmen Sie am 23. März mit Nein. Denn nur ein Nein beim Bürgerentscheid ist ein Ja für Möbel Kraft.“ Ob diese Kampagne aus Steuergeldern finanziert wurde? Natürlich. Und ob die Stadt Kiel hiermit beweist, dass sie ein absoluter Profi in Sachen Greenwashing ist? Absolut. Ob es nun an der Beeinflussung der Stadt oder der mehr als verwirrenden Fragestellung lag, am Ende fiel der Bürger*innenentscheid knapp für den Bau von Möbel Kraft aus. Wohl um die eigene Entschlossenheit zu untermauern beginnt die Krieger Gruppe schon vor Ende der Abstimmung mit dem Abriss der Parzellen. Und dann, nachdem es auch durch die Hand der Bevölkerung das Go für den Bau gab passierte erstmal …… nichts. Dieses Nichts zog sich so lange hin, dass schließlich auch die Stadt unruhig wurde und dem Unternehmen ein Ultimatum stellte. Nachdem so erfolgreich für den Bau geworben wurde entstand hier wohl die Angst, dass die ganzen Mühen umsonst gewesen sein könnten. 2018 überlegte sich das Unternehmen dann, doch nicht Möbel Kraft, sondern Möbel Höffner auf das Gelände zu setzen. Aber gleich bleibt: Der Prüner Schlag verliert seine wichtige Funktion für Natur und Stadt.  

Nun ist noch ein bisschen Zeit vergangen und die Baufläche sieht nun auch so aus, als würde etwas passieren. Es hätte so schön werden können für Möbel Höffner, wären da nicht die Ausgleichsflächen gewesen. Rund 6,3 Hektar sollen die Versiegelung und Nutzung der ganzen Baufläche wiedergutmachen, den 68 Arten weiterhin Lebensraum bieten. Durchaus eine sinnvolle Idee, nicht den kompletten Prüner Schlag mit Beton zu versehen. Die Idee hätte auch wunderbar umgesetzt werden können. Hätte. Wäre da nicht ein einziger Baggerfahrer gewesen, der den Plan nicht richtig gelesen und leider nicht nur auf der Bau- sondern auch auf der Ausgleichsfläche fröhlich vor sich hin baggerte. Die Schuld auf einen einzelnen Baggerfahrer zu schieben, ist auf jeden Fall ein netter Versuch, nur leider ziemlich unglaubwürdig angesichts der Videoquellen, die mehrere Bagger auf den Ausgleichsflächen zeigen. Auf der eigentlich geschützten Fläche wurden unter anderem Staudenbereiche entfernt (Tschüss Insektenfreundlichkeit), Gehölze und geschützte Bäume beseitigt und weitere Baumkronen beschädigt. Ich kann natürlich nur für mich persönlich sprechen, aber meine Definition von Naturschutz sieht ein kleines bisschen anders aus.

Für Edda Metz, Geschäftsführerin von Möbel Höffner, scheint diese Situation aber nicht so schlimm zu sein, denn „wo gearbeitet wird, passieren auch Fehler. Das ist nur menschlich.“ Klar, natürlich sind Fehler menschlich, aber was auch menschlich wäre, wäre eine Aufsicht auf einer Baustelle diesen Ausmaßes, die dafür sorgt, dass Fehler nicht passieren, nur weil jemand den Plan ein bisschen anders interpretiert hat. Manchmal soll Kommunikation ja angeblich helfen, um Fehlern vorzubeugen. Aber vielleicht war die verantwortliche Person auch einfach gerade in der Kaffeepause. Macht ja nix, passiert. So schlimm ist die Zerstörung von Natur ja auch nicht, denn laut Edda Metz soll alles korrigiert werden, und zwar so, dass es im April wieder hergestellt sei. Klar, jahrzehntealte Bäume kann man ja bekanntlich wunderbar im Internet bestellen. Wenn es sein muss, per Expressversand. Dass diese dann erst ein bisschen später eingepflanzt werden, liegt natürlich am Bodenfrost. Sollte das Unternehmen es also trotz erschwerten Bedingungen durch das Wetter schaffen, den gesamten Schaden bis April wieder herzustellen, wäre das wohl DIE Sensation und vermutlich seit langem auch die erste positive Schlagzeile zum Bau. Eine kleine Geschäftsidee, Frau Metz: Wie wäre es mit einem Möbel Höffner-Gartencenter, in dem sie ihre schnellwachsenden Bäume dann für ordentlich Geld unter die Leute bringen könnten? Ich bin mir sicher, das wäre ein größerer Verkaufsschlager als jedes Designersofa.

Mit diesem Modell wären dann bestimmt auch die maximal 50.000 Euro Bußgeld, die Möbel Höffner von der Stadt Kiel angekündigt bekommen hat, schnell wieder in der Kasse. Wobei, bei rund 2,3 Milliarden Euro Jahresumsatz ist diese Summer für das Unternehmen wohl sowieso wenig schmerzhaft. Das Bußgeld hat wohl eher einen öffentlichkeitswirksamen Hintergrund. Wäre doch schade, wenn die Stadt Kiel ihr fantastisches Image als Klimaschutzstadt und Trägerin des Nachhaltigkeitspreises wieder verliert, oder?

Quelle Titelbild: Projekt Prüner Park

Petition zum Schutz des Prüner Schlags
Unterstütz hier gerne, damit bis zu Stimmenübergabe die 15.000 Stimmen erreicht werden können! 

Projekt Prüner Park
Hier findet ihr noch mehr Fotos und Infos aus dem Prüner Schlag. Vorbeischauen lohnt sich!

 

KlimaSCHMUTZ? Ja bitte!

Wir schreiben inzwischen das Jahr 2021. Das vergangene Jahr war in Deutschland das zweitwärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Waldbrände, Tornados und andere Umweltkatastrophen haben die Welt in den vergangenen 12 Monaten neben der Pandemie in Atem gehalten. Unseren Wäldern geht es schlechter. Dem Eis in der Arktis auch. Das Bienensterben schreitet fort und das Erreichen der 1,5°C-Marke rückt immer näher. Nun könnte diese Entwicklung die Hoffnung wecken, die Politik würde die Bedrohungen durch die Klimakrise endlich wahrnehmen und sich im neuen Jahr hinter einen starken Klimaschutz stellen und diesen fördern. Die Betonung im vorangegangenen Satz liegt auf „könnte“. Denn leider zeigt die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns, dass das letzte Jahr keineswegs wachgerüttelt hat, zumindest nicht die Regierungen.

Worum es geht? Um die Ostsee Pipeline „Nord Stream 2“, die nach ihrer Fertigstellung russisches Erdgas nach Deutschland liefern soll. Wo das Problem ist? Dass dieser Handel ganz und gar nicht mit dem Klimaschutz und der damit verbundenen, dringend notwendigen Energiewende zusammenpasst.

Ohne Erdgas keine Energiewende – so denkt zumindest die Regierung Mecklenburg-Vorpommerns. Erdgas werde als Brückentechnologie gebraucht, als Backup für Wind- und Sonnenenergie. Klar, die Sonne scheint nicht jeden Tag und manchmal gibt es auch an der Küste Flaute, aber Erdgas als notwendig im Wandel hin zu erneuerbaren Energien zu verkaufen? Der Wind in Mecklenburg-Vorpommern scheint gerade ziemlich viel zu verwirbeln. Vor allem den Inhalt von Politiker*innenköpfen.

Das Brückentechnologie-Argument zieht offenbar und so gibt es auch in Teilen der Bevölkerung Zuspruch für das Erdgasprojekt. Was aber viel zu oft unter den Teppich gekehrt wird, ist die eigentliche Klimawirkung von Erdgas. Das hochgepriesene Erdgas besteht zu großen Teilen aus Methan. Bei einigen fällt nach dieser Erkenntnis vielleicht bereits der Groschen. Methan…. Wird nicht die Landwirtschaft vor allem aufgrund des hohen Methanausstoßes durch die Tierhaltung als „Klimakiller“ bezeichnet? Genau. Und zwar deshalb, weil Methan rund 87 Mal klimaschädlicher ist als CO2. Naja, wenn das Methan dann in der Pipeline bleibt, passiert ja nichts oder? Blöd, dass sowohl bei der Förderung als auch beim Transport von Erdgas Methan freigesetzt wird. Das dann auf direktem Weg in die Atmosphäre gelangt und unserem Klima schadet. Kohleenergie durch Erdgas ersetzen zu wollen ist also ungefähr so, wie Flächenpremien zu fördern, um eine Agrarwende zu ermöglichen. Der erste Greenwashing-Versuch von Schwesigs Regierung hat eine eher überschaubare Erfolgsbilanz. Aber kein Sorge, Manuela Schwesig hat eine neue Idee.

Diese neue Idee heißt „Stiftung Klima- und Umweltschutz MV“. Klingt toll, oder? Auf den ersten Blick keimt ein bisschen Hoffnung auf, dass „MV tut gut“ endlich auch für die Umwelt gilt. Aber die Stiftung hat einen ziemlich starken Beigeschmack, gepaart mit einem beißenden Geruch nach Erdgas. Das potenzielle Aushängeschild der Regierung gehört dem Land Mecklenburg-Vorpommern. Und wird unterstützt von der Nord Stream 2 AG. Mit insgesamt 60 Millionen Euro. Als Gegenleistung für diese Unterstützung darf die Nord Stream 2 AG auch den*die Geschäftsführer*in der Stiftung vorschlagen. Eine kurze Erinnerung: Die Stiftung gehört dem Land, steht also unter der Entscheidung der Regierung. Die Nord Stream 2 AG gehört übrigens dem russischen Konzern Gazprom, ein Unternehmen, das – Überraschung – Erdgas fördert. Gutgläubige könnten nun meinen, das Unternehmen wolle vielleicht als Ausgleich für sein klimaschädliches Geschäft Umwelt- und Klimaschutzprojekte fördern. Aber auch wer immer an das Gute glaubt, wird enttäuscht. Denn der Klima- und Umweltschutz sind leider nicht der Hauptnutzen des Greenwashing-Projektes. Im Regierungspapier, das dem Parlament in Schwerin vorgelegt wurde heißt, es geht um „die Gründung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes (…) mit dem Ziel, einen Beitrag zum Fortgang der Arbeiten an der Pipeline Nord Stream 2 zu leisten“. Übersetzt bedeutet das, dass die „Stiftung Klima- und Umweltschutz MV“ Maschinen und Bauteile kaufen, und so Gazprom beim Bau von Nord Stream 2 unterstützen kann. Das Motto der MV-SPD „MV. Gemeinsam. Stark.“ macht in diesem Zusammenhang dann auch wieder Sinn. Nur eben leider nicht gemeinsam mit Umweltexpert*innen, sondern eben mit einem russischen Gaskonzern. Der Unterschied zwischen diesen Partner*innen war für die mecklenburg-vorpommersche Regierung wohl leider ein bisschen zu undeutlich. Ein kleiner Tipp in diese Richtung: Manchmal hilft es, die Erdgas-Rückstände von der Brille zu putzen.

Ob die Gründung einer Pseudo-Stiftung eine angemessene Reaktion ist, um die US-Sanktionen in Bezug auf die Pipeline zu umgehen, sei dahingestellt. Aber diese Bemühungen zur Rettung eines eh schon stark umstrittenen Projektes unter dem Deckmantel des „Klima- und Umweltschutzes“ zu betreiben ist nicht nur armselig, sondern auch eine klare Täuschung in Bezug auf die eigentlichen Interessen von Schwesigs Regierung. Schade, Mecklenburg-Vorpommern, der Lerneffekt aus dem Jahr, das wir gerade hinter uns gelassen haben war wohl leider gleich null. Übrigens ist die neue Pipeline laut einer Studie des DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) gar nicht nötig, denn die Pipeline Nord Stream 1 ist noch nicht mal voll ausgelastet und um die aktuellen deutschen Klimaziele zu erreichen, müsste der Erdgasverbrauch in den nächsten Jahren ohnehin sinken. Vielleicht klappt es ja 2022 mit diesem „auf die Wissenschaft hören“, wir sind schließlich erst bei 1,2°C.