Ostsee-Schweinswale

Gastbeitrag von Johanna (FÖJ Meeresschutz)

Wusstest du, dass sogar in der Ostsee Wale leben? Erstaunt? Aber ja, das Meer vor der schleswig-holsteinischen Haustür ist Lebensraum für eine Walart, die hier heimisch ist. Insgesamt gibt es auf der Welt sieben verschiedene Schweinswalarten, die in der Ostsee lebenden Tiere gehören zum „Gewöhnlichen Schweinswal“ (Phocoena phocoena). Allerdings werden sie in zwei Populationen unterteilt. Eine davon lebt in der Beltsee (westlich von Rügen bis in das Kattegat) und eine in der zentralen Ostsee (östlich Rügens). Durch uns Menschen werden die Bestände jedoch immer kleiner. Die Population in der zentralen Ostsee besteht nur noch aus 300 bis 500 Individuen, und steht somit bereits auf der roten Liste der bedrohten Tierarten.

Doch warum eigentlich?
In der Ostsee stammen mehr als die Hälfte der tot gefundenen Schweinswale aus Beifängen der Fischerei. Vor allem Stellnetze sind eine große Gefahr. Da die Tiere die dünnen Nylonfäden der Netze nicht mit ihrem Sonar orten können, schwimmen sie ahnungslos hinein, verfangen sich und ertrinken. Obwohl es in der Ostsee Meeresschutzgebiete gibt, ist das Fischen mit Stellnetzen auch in diesen Gebieten nicht ausdrücklich verboten. Dadurch haben die Tiere kaum eine Chance, ihnen zu entkommen. 

Umso schlimmer, dass jährlich 5.000 bis 10.000 Netzteile in der Ostsee verloren gehen, darunter auch Stellnetze. Da sich an ihrer Oberseite eine Schwimmleine befindet, können sie sich immer wieder von selbst aufstellen. Dadurch fischen sie ununterbrochen weiter und gefährden das Leben tausender Seevögel, Fische und Meeressäuger. Diese sogenannten „Geisternetze“ sind außerdem ein riesiges Plastikmüllproblem. Sie machen bis zu 50% des weltweiten Plastikmülls in den Meeren aus. Hinzu kommt, dass Stellnetze an ihrer Unterseite mit Bleikügelchen beschwert sind. Diese sind zwar mit einer Plastikschicht umhüllt, aber nach einiger Zeit ist diese abgescheuert und die Bleikügelchen gelangen als Umweltgift in die Umwelt. Dort werden sie dann von Tieren gefressen oder an den Strand gespült, wo sie auch für Kinder eine Gefahr darstellen.

Auch Unterwasserlärm ist eine große Gefahr für Schweinswale. Dieser entsteht zum Beispiel bei dem Bau von Offshore-Windkraftanlagen, da hierbei meterdicke Pfeiler durch mehrere tausende Schläge in den Meeresboden gerammt werden. Der immer weiter steigende Schiffsverkehr verschmutzt die Meere ebenfalls mit Lärm. Je größer und schneller das Schiff, desto größer auch der Lärm. Problematisch sind also die riesigen Frachtschiffe aber auch Kreuzfahrtschiffe und Speedboottouren, die ohnehin nur zur Tourist*innenbespaßung dienen. Auch bei seismischen Untersuchungen auf der Suche nach Öl- oder Gasvorkommen, bei dem Einsatz von Sonaren des Militärs oder bei Sprengungen alter Munition in der Ostsee entstehen starke Schallwellen, die für die Tiere etwa viermal so laut sein können wie für uns eine einzige Kreissäge. Mit dem Unterschied, dass wir uns die Ohren zuhalten oder weglaufen können. Wale sind diesem extremen Lärm schutzlos ausgeliefert. Dadurch können sie ihr Gehör verlieren und taub werden. Das bedeutet für sie ein Todesurteil, da sie ihr Gehör für ihr Sonar und somit zur Orientierung und Nahrungssuche brauchen. Häufig ist der Lärm sogar so laut, dass sie Verletzungen erleiden, wie Blutungen im Innenohr und im Hirnbereich oder Verletzungen der Organe.

Um das Aussterben der Ostsee-Schweinwale langfristig verhindern zu können, muss sich etwas ändern. Es muss nach Alternativen und nachhaltigeren Fangmethoden in der Fischerei geforscht werdenIn den Meeren braucht es „No-take-Areas“, in denen weder Öl oder Gas, noch Fische oder andere Lebewesen entnommen werden dürfen. Bei dem Bau von Offshore-Anlagen können Blasenschleier, die um die Baustelle gelegt werden, für eine Reduktion des Lärms von etwa 95% sorgen. Höchstgeschwindigkeiten im Schiffsverkehr könnten helfen, den Schiffslärm in den Meeren zu senken, da schon eine Reduzierung der Geschwindigkeit um 10% den Lärm um ganze 40% reduzieren würde. Kurz gesagt: Es braucht härtere Regelungen und auch Verbote von der Politik. Aber auch jeder andere Mensch kann im Alltag etwas ändern, um den Meerestieren zu helfen. Beispielsweise beim Verzicht auf eine Kreuzfahrt oder bei der Reduzierung des eigenen Fischkonsums. Denn das Meer ist der Lebensraum für zahlreiche Lebewesen, es ist ihr Zuhause und nicht unseres, wir müssen auf diese Tiere Rücksicht zu nehmen. Denn nur, weil wir sie kaum zu Gesicht bekommen, dürfen wir uns nicht so verhalten, als wären sie gar nicht da.

 

Am 16. Mai veranstaltet Johanna einen Infotag mit verschiedensten Mitmachaktionen zum Thema Schweinswale. Hier geht´s zu allen Details! 

Titelbild: Ecomare/Sytske Dijksen