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Von einem, der den Plan falsch interpretierte

Wind ist bei uns im Norden nichts Ungewöhnliches. Genauso wenig ungewöhnlich ist, dass der Wind ab und an ein paar Bäume umknickt oder entwurzelt. Das ist völlig normal und gehört zum natürlichen Zyklus. Seltsam wird es dann, wenn Bagger ungefragt die Aufgabe des Windes übernehmen, so geschehen im Prüner Schlag in Kiel.

Das ehemalige Kleingartengebiet ist inzwischen vermutlich nicht nur Kieler*innen, sondern einem Großteil der Menschen in Schleswig-Holstein ein Begriff. Aber leider nicht, weil es an diesem Ort eine grüne Oase gab, in der Mensch und Natur zur Ruhe kommen können, in der für den Eigenbedarf Obst und Gemüse angebaut wird und die ganz nebenbei einen wichtigen Beitrag zum Klima der Stadt beiträgt. Seit Jahren ist dort eher das Gegenteil der Fall. Die Krieger-Gruppe, der sowohl Möbel Kraft,  als auch Möbel Höffner und der Einrichtungs-Discounter Sconto angehören, plant auf dem Gelände den Neubau eines Möbelhauses. Ein absolut absurdes Vorhaben, wenn man sich die Lage der Fläche, deren Nähe zu anderen Möbelhäusern in Kiel und vor allem den eigentlichen Wert der Grünflächen für die Kieler*innen anschaut. Bevor wir zu dem eigentlichen Anlass dieses Artikels kommen, ein kurzer Blick in die Vergangenheit:

Im März 2012 wird ein Kaufvertrag zwischen der Stadt Kiel und der Krieger Gruppe unterzeichnet, damit regt sich auch erheblicher Wiederstand in der Kieler Bevölkerung. Im August 2013 startet dann ein Bürger*innenbegehren, um die Bebauung der Fläche zu verhindern. Auf welcher Seite die Stadt Kiel steht, ist allerspätestens mit der Veröffentlichung der Kampagne zur Abstimmung klar. Auf den Plakaten heißt es „246.000 m2  Grünflächen für Kiel und 68 geschützte Arten. Grüner Daumen hoch!“. Weiter wird dann gebeten: „Das finden Sie gut? Dann stimmen Sie am 23. März mit Nein. Denn nur ein Nein beim Bürgerentscheid ist ein Ja für Möbel Kraft.“ Ob diese Kampagne aus Steuergeldern finanziert wurde? Natürlich. Und ob die Stadt Kiel hiermit beweist, dass sie ein absoluter Profi in Sachen Greenwashing ist? Absolut. Ob es nun an der Beeinflussung der Stadt oder der mehr als verwirrenden Fragestellung lag, am Ende fiel der Bürger*innenentscheid knapp für den Bau von Möbel Kraft aus. Wohl um die eigene Entschlossenheit zu untermauern beginnt die Krieger Gruppe schon vor Ende der Abstimmung mit dem Abriss der Parzellen. Und dann, nachdem es auch durch die Hand der Bevölkerung das Go für den Bau gab passierte erstmal …… nichts. Dieses Nichts zog sich so lange hin, dass schließlich auch die Stadt unruhig wurde und dem Unternehmen ein Ultimatum stellte. Nachdem so erfolgreich für den Bau geworben wurde entstand hier wohl die Angst, dass die ganzen Mühen umsonst gewesen sein könnten. 2018 überlegte sich das Unternehmen dann, doch nicht Möbel Kraft, sondern Möbel Höffner auf das Gelände zu setzen. Aber gleich bleibt: Der Prüner Schlag verliert seine wichtige Funktion für Natur und Stadt.  

Nun ist noch ein bisschen Zeit vergangen und die Baufläche sieht nun auch so aus, als würde etwas passieren. Es hätte so schön werden können für Möbel Höffner, wären da nicht die Ausgleichsflächen gewesen. Rund 6,3 Hektar sollen die Versiegelung und Nutzung der ganzen Baufläche wiedergutmachen, den 68 Arten weiterhin Lebensraum bieten. Durchaus eine sinnvolle Idee, nicht den kompletten Prüner Schlag mit Beton zu versehen. Die Idee hätte auch wunderbar umgesetzt werden können. Hätte. Wäre da nicht ein einziger Baggerfahrer gewesen, der den Plan nicht richtig gelesen und leider nicht nur auf der Bau- sondern auch auf der Ausgleichsfläche fröhlich vor sich hin baggerte. Die Schuld auf einen einzelnen Baggerfahrer zu schieben, ist auf jeden Fall ein netter Versuch, nur leider ziemlich unglaubwürdig angesichts der Videoquellen, die mehrere Bagger auf den Ausgleichsflächen zeigen. Auf der eigentlich geschützten Fläche wurden unter anderem Staudenbereiche entfernt (Tschüss Insektenfreundlichkeit), Gehölze und geschützte Bäume beseitigt und weitere Baumkronen beschädigt. Ich kann natürlich nur für mich persönlich sprechen, aber meine Definition von Naturschutz sieht ein kleines bisschen anders aus.

Für Edda Metz, Geschäftsführerin von Möbel Höffner, scheint diese Situation aber nicht so schlimm zu sein, denn „wo gearbeitet wird, passieren auch Fehler. Das ist nur menschlich.“ Klar, natürlich sind Fehler menschlich, aber was auch menschlich wäre, wäre eine Aufsicht auf einer Baustelle diesen Ausmaßes, die dafür sorgt, dass Fehler nicht passieren, nur weil jemand den Plan ein bisschen anders interpretiert hat. Manchmal soll Kommunikation ja angeblich helfen, um Fehlern vorzubeugen. Aber vielleicht war die verantwortliche Person auch einfach gerade in der Kaffeepause. Macht ja nix, passiert. So schlimm ist die Zerstörung von Natur ja auch nicht, denn laut Edda Metz soll alles korrigiert werden, und zwar so, dass es im April wieder hergestellt sei. Klar, jahrzehntealte Bäume kann man ja bekanntlich wunderbar im Internet bestellen. Wenn es sein muss, per Expressversand. Dass diese dann erst ein bisschen später eingepflanzt werden, liegt natürlich am Bodenfrost. Sollte das Unternehmen es also trotz erschwerten Bedingungen durch das Wetter schaffen, den gesamten Schaden bis April wieder herzustellen, wäre das wohl DIE Sensation und vermutlich seit langem auch die erste positive Schlagzeile zum Bau. Eine kleine Geschäftsidee, Frau Metz: Wie wäre es mit einem Möbel Höffner-Gartencenter, in dem sie ihre schnellwachsenden Bäume dann für ordentlich Geld unter die Leute bringen könnten? Ich bin mir sicher, das wäre ein größerer Verkaufsschlager als jedes Designersofa.

Mit diesem Modell wären dann bestimmt auch die maximal 50.000 Euro Bußgeld, die Möbel Höffner von der Stadt Kiel angekündigt bekommen hat, schnell wieder in der Kasse. Wobei, bei rund 2,3 Milliarden Euro Jahresumsatz ist diese Summer für das Unternehmen wohl sowieso wenig schmerzhaft. Das Bußgeld hat wohl eher einen öffentlichkeitswirksamen Hintergrund. Wäre doch schade, wenn die Stadt Kiel ihr fantastisches Image als Klimaschutzstadt und Trägerin des Nachhaltigkeitspreises wieder verliert, oder?

Quelle Titelbild: Projekt Prüner Park

Petition zum Schutz des Prüner Schlags
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Projekt Prüner Park
Hier findet ihr noch mehr Fotos und Infos aus dem Prüner Schlag. Vorbeischauen lohnt sich!