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KlimaSCHMUTZ? Ja bitte!

Wir schreiben inzwischen das Jahr 2021. Das vergangene Jahr war in Deutschland das zweitwärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Waldbrände, Tornados und andere Umweltkatastrophen haben die Welt in den vergangenen 12 Monaten neben der Pandemie in Atem gehalten. Unseren Wäldern geht es schlechter. Dem Eis in der Arktis auch. Das Bienensterben schreitet fort und das Erreichen der 1,5°C-Marke rückt immer näher. Nun könnte diese Entwicklung die Hoffnung wecken, die Politik würde die Bedrohungen durch die Klimakrise endlich wahrnehmen und sich im neuen Jahr hinter einen starken Klimaschutz stellen und diesen fördern. Die Betonung im vorangegangenen Satz liegt auf „könnte“. Denn leider zeigt die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns, dass das letzte Jahr keineswegs wachgerüttelt hat, zumindest nicht die Regierungen.

Worum es geht? Um die Ostsee Pipeline „Nord Stream 2“, die nach ihrer Fertigstellung russisches Erdgas nach Deutschland liefern soll. Wo das Problem ist? Dass dieser Handel ganz und gar nicht mit dem Klimaschutz und der damit verbundenen, dringend notwendigen Energiewende zusammenpasst.

Ohne Erdgas keine Energiewende – so denkt zumindest die Regierung Mecklenburg-Vorpommerns. Erdgas werde als Brückentechnologie gebraucht, als Backup für Wind- und Sonnenenergie. Klar, die Sonne scheint nicht jeden Tag und manchmal gibt es auch an der Küste Flaute, aber Erdgas als notwendig im Wandel hin zu erneuerbaren Energien zu verkaufen? Der Wind in Mecklenburg-Vorpommern scheint gerade ziemlich viel zu verwirbeln. Vor allem den Inhalt von Politiker*innenköpfen.

Das Brückentechnologie-Argument zieht offenbar und so gibt es auch in Teilen der Bevölkerung Zuspruch für das Erdgasprojekt. Was aber viel zu oft unter den Teppich gekehrt wird, ist die eigentliche Klimawirkung von Erdgas. Das hochgepriesene Erdgas besteht zu großen Teilen aus Methan. Bei einigen fällt nach dieser Erkenntnis vielleicht bereits der Groschen. Methan…. Wird nicht die Landwirtschaft vor allem aufgrund des hohen Methanausstoßes durch die Tierhaltung als „Klimakiller“ bezeichnet? Genau. Und zwar deshalb, weil Methan rund 87 Mal klimaschädlicher ist als CO2. Naja, wenn das Methan dann in der Pipeline bleibt, passiert ja nichts oder? Blöd, dass sowohl bei der Förderung als auch beim Transport von Erdgas Methan freigesetzt wird. Das dann auf direktem Weg in die Atmosphäre gelangt und unserem Klima schadet. Kohleenergie durch Erdgas ersetzen zu wollen ist also ungefähr so, wie Flächenpremien zu fördern, um eine Agrarwende zu ermöglichen. Der erste Greenwashing-Versuch von Schwesigs Regierung hat eine eher überschaubare Erfolgsbilanz. Aber kein Sorge, Manuela Schwesig hat eine neue Idee.

Diese neue Idee heißt „Stiftung Klima- und Umweltschutz MV“. Klingt toll, oder? Auf den ersten Blick keimt ein bisschen Hoffnung auf, dass „MV tut gut“ endlich auch für die Umwelt gilt. Aber die Stiftung hat einen ziemlich starken Beigeschmack, gepaart mit einem beißenden Geruch nach Erdgas. Das potenzielle Aushängeschild der Regierung gehört dem Land Mecklenburg-Vorpommern. Und wird unterstützt von der Nord Stream 2 AG. Mit insgesamt 60 Millionen Euro. Als Gegenleistung für diese Unterstützung darf die Nord Stream 2 AG auch den*die Geschäftsführer*in der Stiftung vorschlagen. Eine kurze Erinnerung: Die Stiftung gehört dem Land, steht also unter der Entscheidung der Regierung. Die Nord Stream 2 AG gehört übrigens dem russischen Konzern Gazprom, ein Unternehmen, das – Überraschung – Erdgas fördert. Gutgläubige könnten nun meinen, das Unternehmen wolle vielleicht als Ausgleich für sein klimaschädliches Geschäft Umwelt- und Klimaschutzprojekte fördern. Aber auch wer immer an das Gute glaubt, wird enttäuscht. Denn der Klima- und Umweltschutz sind leider nicht der Hauptnutzen des Greenwashing-Projektes. Im Regierungspapier, das dem Parlament in Schwerin vorgelegt wurde heißt, es geht um „die Gründung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes (…) mit dem Ziel, einen Beitrag zum Fortgang der Arbeiten an der Pipeline Nord Stream 2 zu leisten“. Übersetzt bedeutet das, dass die „Stiftung Klima- und Umweltschutz MV“ Maschinen und Bauteile kaufen, und so Gazprom beim Bau von Nord Stream 2 unterstützen kann. Das Motto der MV-SPD „MV. Gemeinsam. Stark.“ macht in diesem Zusammenhang dann auch wieder Sinn. Nur eben leider nicht gemeinsam mit Umweltexpert*innen, sondern eben mit einem russischen Gaskonzern. Der Unterschied zwischen diesen Partner*innen war für die mecklenburg-vorpommersche Regierung wohl leider ein bisschen zu undeutlich. Ein kleiner Tipp in diese Richtung: Manchmal hilft es, die Erdgas-Rückstände von der Brille zu putzen.

Ob die Gründung einer Pseudo-Stiftung eine angemessene Reaktion ist, um die US-Sanktionen in Bezug auf die Pipeline zu umgehen, sei dahingestellt. Aber diese Bemühungen zur Rettung eines eh schon stark umstrittenen Projektes unter dem Deckmantel des „Klima- und Umweltschutzes“ zu betreiben ist nicht nur armselig, sondern auch eine klare Täuschung in Bezug auf die eigentlichen Interessen von Schwesigs Regierung. Schade, Mecklenburg-Vorpommern, der Lerneffekt aus dem Jahr, das wir gerade hinter uns gelassen haben war wohl leider gleich null. Übrigens ist die neue Pipeline laut einer Studie des DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) gar nicht nötig, denn die Pipeline Nord Stream 1 ist noch nicht mal voll ausgelastet und um die aktuellen deutschen Klimaziele zu erreichen, müsste der Erdgasverbrauch in den nächsten Jahren ohnehin sinken. Vielleicht klappt es ja 2022 mit diesem „auf die Wissenschaft hören“, wir sind schließlich erst bei 1,2°C.